Berlin Fashion Week : Klein, aber sexy
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Inszeniert wurde die Fake-Show vom New Yorker Aktionsbündnis „The Yes Men”, das auf die schlechten Arbeitsbedingungen in den Fabriken von Adidas hinweisen wollte. So habe Adidas während der Pandemie nicht darauf geachtet, dass Arbeiter in den Produktionsländern ihren vollen Lohn erhielten; wegen der Pandemie entlassene Arbeiter haben laut den Aktivisten keine Abfindung erhalten. Adidas wies die Vorwürfe auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zurück: Das Unternehmen stelle „seit mehr als 25 Jahren mit vielfältigen Maßnahmen faire und sichere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten seiner Lieferkette sicher".
Party bei Kilian Kerner, lässige Businesswear bei Odeeh
Am Dienstag dann: Business as usual. Kilian Kerner zeigt viel Farbe, Neon-Pastelltöne, lange, schimmernde, auch mal durchsichtige Kleider, Glitzer, Pailletten, alles dran, was einen guten Abend ausmacht, dazu die Betonung im wahrsten Sinne des Wortes auf Berlin: nur deutschsprachige Musik, alles von Fuffifufzich, eine großartig stimmungsvolle Entdeckung.
Der Uber-Fahrer aber sollte mit seiner anderen Behauptung irren: dass niemand trägt, was die Models auf den Laufstegen tragen. Da ist die Kollektion von Odeeh, die in Berlin eigentlich immer ein Highlight ist, voller Teile, die die meisten Frauen sofort tragen würden: Den lockeren Hosenanzug im Büro, die lässig und doch feminin geschnittenen Kleider zu eigentlich jedem Anlass, und die riesigen Strickschals im Berliner Winter. „Sei vielseitig, probier was, das du vielleicht noch nicht kennst”, sagte Designer Jörg Ehrlich nach der Schau. „Die Idee ist, verschiedene Facetten für Frauen zu zeigen.” Die verschlungen gebundenen Norwegerpullover aber, die die Models auf der Schau um die Schultern trugen, waren auch mit einem kleinen Augenzwinkern zu verstehen. „Das war eine Persiflage auf Sportswear und Ski.”

Und die kleine, feine, ungesponserte Berliner Modewoche bringt dann auch genau solche Dinge hervor, die eine kleine, feine, vielleicht auch weniger kommerzielle Modewoche im besten Fall auszeichnet: Da sind die Designerinnen Rianna Kounou und Nina Knaudt, die mit Vintage-Stoffen arbeiten und am Dienstagmorgen eine wunderschöne Kollektion zeigten: Farb- und Floralpracht auf einem kleinen Laufsteg, die Models trugen Körbe voller Blumen. „Das war wie eine Schau in den frühen Jahren in Paris”, schwärmt F.A.Z.-Fotograf Helmut Fricke, der seit vielen Jahren Mode fotografiert. Kípos heißt die Kollektion, griechisch für Garten: „Ich wollte, dass alle Blumen zusammenkommen”, sagt Rianna Kounou nach der Schau. „Im Garten gibt es keine Grenzen. Ich wollte, dass alles eins wird.”
Oder die Präsentation von Malaikaraiss: In einem engen, hellen, mit Menschen vollgestopften Raum stehen in der Mitte riesige Hochzeitstorten und drumherum lauter Bräute. Aber ohne Puffärmel, Tüll, Spitze und Klimbim, stattdessen: fließende, elegante, zeitlose Kleider, die man auch an anderen Tagen tragen kann. „Es gibt einen Markt für Brautkleider, die nicht romantisch sind, sondern urban. Und die für viele Körper funktionieren. Die understated Braut”, sagt Malaika Raiss. Sie hat zwei der Kleider zu ihrer eigenen Hochzeit getragen. Die Entwicklung der Modewoche, den Abgang des Sponsors, sieht sie positiv. „Es gibt nicht mehr dieses eine Dach, das alles starr zusammenhält. In Berlin hat sich eine neue Kraft entwickelt”, sagt Raiss. „Man kann individueller sein.”