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16.11.2008


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Spektakulärer Polit-Streich Yes They Can!

Endlich! Der Irak-Krieg ist vorbei! Guantanamo Bay wird geschlossen! Condoleeza Rice entschuldigt sich für die Lügen der USA! So steht es in großen Lettern auf der Titelseite der "New York Times". Aber nur auf den ersten Blick: Die Aktion ist ein grandioser Fake der Aktivistengruppe "The Yes Men".

Stand: 13.11.2008

Ausschnitt aus falscher New York Times

Die Fälschung ist fast zu perfekt. Website und Druckausgabe sehen bis ins Detail genau so aus wie die echte New York Times. Der Aufwand dahinter ist riesig: Über sechs Monate haben die Yes Men an ihrer ganz speziellen New York Times gearbeitet – finanziert durch Spenden. 

Die Druckauflage von 1,2 Millionen wird von mehr als 1000 Helfern in Umlauf gebracht - Ein Video zu der Aktion geistert im Netz herum die Zeitung erscheint auch als PDF. Die ernsthafte Botschaft hinter dem Fake: Der Krieg ist eben noch lange nicht vorbei. Jetzt ist Obama dran, seine Wahlversprechen zu halten. Datiert ist die Ausgabe auf den 4. Juli 2009 – eine Hoffnung für die Zukunft.

Identitäten korrigieren

Cover des Yes Men Movie

Bildunterschrift: Bringen Schwung in eingefahrene Muster: The Yes Men

Die Yes Men sind Helden der "Cultural Jamming"-Szene. Eigentlich sind sie zu clever, um wahr zu sein. Ihre Coups sind schmerzhafte Stiche ins Herz des Kapitalismus, der Politik und der westlichen Medienwelt. Ihre Opfer: Kriegslügner, Ölkonzerne, profitgierige Unternehmen, die sich nicht um die Umwelt scheren. Die Yes Men bezeichnen ihr Prinzip als "Identitätskorrektur" - sie helfen mit übertriebenen Botschaften der Wahrheit ein bisschen nach und üben so Druck aus. Immer mit dabei: Das Spiel mit der Maskerade und mit Autoritäten.

Fakes, Fakes, Fakes - Die Coups der Yes-Männer

Bei einem Vortrag in Plattsburg präsentieren die Yes Men stolz die Lösung für alle Welthungerprobleme: Essens-Recycling! Wenn jemand aus der ersten Welt beispielsweise einen Hamburger isst und dann sein Geschäft verrichtet, könne der recycelte Kot in der dritten Welt noch mal gegessen werden.

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Bildunterschrift: Ein Yes-Man im britischen Fernsehen: Schuldeingeständnis im Namen einer Chemie-Firma

2004 schaffen es die Yes Men als angebliche Firmenvertreter des Unternehmens Dow Chemical live in ein Fernseh-Interview auf BBC World: Die Firma Union Carbide, später gekauft von Dow Chemical, war 20 Jahre zuvor verantwortlich für eine Chemie-Katastrophe in Indien, bei der Tausende Menschen ihr Leben verloren. In perfekter Business-Manier tritt 2004 nun ein angeblicher Dow Chemical-Sprecher vor die Kamera und erklärt: "Ich bin sehr glücklich, dass ich heute mitteilen kann, dass Dow Chemical erstmals die volle Verantwortung für die Katastrophe übernimmt." Die BBC und das Unternehmen selbst müssen die Aussage später dementieren, der Aktienkurs von Dow Chemical stürzt gewaltig ein. Treffer.

Von der Fake-WTO zum neuen Kraftstoff

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Bildunterschrift: Wo WTO drauf steht, ist nicht immer die WTO drin. Die Yes Men sprechen gern mal als Verteter der Welthandelsorganisation

Ihr größter Coup bislang: Eine gefälschte Webpage der Welthandelsorganisation WTO, die immer noch online ist. (LINK auf gatt.org). Tatsächlich erhalten die Yes Men dadurch Einladungen auf Konferenzen und sprechen dort als vermeintlich offizielle Vertreter der WTO. Auf einer Konferenz in Tampere preisen sie 2001 vor Textil-Managern das System "Ausgelagerte Arbeitskräfte": Unternehmen müssten einfach mehr Sklaven als Arbeitskräfte beschäftigen. "Lassen wir den Sklaven doch einfach in seiner Heimat - sagen wir: Gabun." Entscheidend sei dabei die totale Überwachung des Arbeiters: Ihm werde ein Mikrochip implantiert, der Manager könne über ein Display mit dem Arbeiter kommunizieren. Klingt absurd - aber die Konferenz-Gäste klatschen.
 

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Bildunterschrift: Ein neuer Kraftstoff aus Leichen von ehemaligen Exxon-Mitarbeitern? Ein Video der Yes Men

Im vergangenen Jahr halten die Yes Men – getarnt als Vertreter von Exxon Mobil, ihrem Lieblingsfeind unter den Unternehmen - auf einer Öl-Konferenz in Kanada einen Vortrag über einen neuen Kraftstoff. Der Name: "Vivoleum". Der Trick: Er basiere auf menschlichen Überresten. Es sei doch schade, wenn man viele Opfer des Klimawandels - zum Beispiel in Afrika - einfach begraben würde. Dank neuer Technologien könnten die toten Körper der Klimawandel-Opfer zu neuem Kraftstoff verarbeitet werden. Aus dem verblichenen Saft des Lebens entsteht so neuer Saft für neue klimaschädliche Autos. Erst als die Yes Men ein Video der ersten Versuchs-Person präsentieren, werden sie aus dem Saal geführt.

Die Yes Men im Netz:

Von falschen New York Times und WTOs

Ein Video zur Zeitungsaktion: http://www.nytimes-se.com/video

Die Fake New York Times zum Runterladen (PDF): http://www.nytimes-se.com/pdf 

Die WTO-Seite der Yes Men: www.gatt.org

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