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2 2 Kommentare | Interview |

Kultur

| Berlin | 13.02.2009 18:30  

Die Yes Men bringen die Welt - Interview mit Mike und Andy

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Auf dem roten Teppich sitzen zwei große gepolsterte Kugeln und blockieren die Treppe, die zur Berlinale-Gala Cinema for Peace hinaufführt. In den Kugeln stecken Andy Bichlbaum und Mike Bonnano – die „Yes Men“. Leonardo DiCaprio, Bob Geldof und Michael Gorbatschow müssen warten, denn die Yes Men demonstrieren gegen das von BMW gesponserte Charity-Event: „Cars are killing the planet!“ Auch BMW ist schuld an Klimawandel und Krieg für Öl, sagten die Yes Men. Schließlich werden die unpässlichen Kugeln beiseite gerollt.

Mike und Andy – im Hauptberuf Professoren – sind eigentlich nur auf der Berlinale, um ihren neuen Film „The Yes Men Fix The World“ vorzustellen. Doch sie können es nicht lassen, die Welt zu retten oder wenigstens auf dem Weg dorthin etwas Aufsehen zu erregen. Seit dem Jahr 2000 führt die Zwei-Mann-Kommunikationsguerilla einen Feldzug gegen internationale Konzerne, die WTO und ignorante Politiker. Ihr Ziel: Identitätskorrektur durch Image-Sabotage. jetzt.de sprach mit den Aktivisten über ihre Mission.
Wie kam es zu dem Film „The Yes Men Fix The World“?
Mike:
Wir geben uns als Repräsentanten von Firmen aus und schleichen uns auf Konferenzen, auf denen wir satirisch überzogene Vorschläge präsentieren. Wir wollen zeigen, wie die Unternehmen in Wahrheit sind. Bei dem letzen Film hatten wir ein paar Freunde, die uns dabei folgten und eine Dokumentation über uns drehten. Diesmal haben wir uns dafür entschieden, uns selbst zu filmen. Es sollte ein polemischerer Film werden mit einer eindeutigen Haltung.




In einem Live-Interview mit der BBC kündigt ihr im Namen von Dow Chemical eine Entschädigung für die Opfer des Chemieunfalls im indischen Bophal an. Der Aktienkurs der Firma brach danach um drei Prozent ein. Habt Ihr nie befürchtet, dass die ganze Sache ziemlich teuer für Euch werden könnte?
Mike:
Anfangs hatten wir schon Angst. Es hieß, die US-Börsenaufsicht würde uns anzeigen, weil wir die Aktienkurse manipuliert hatten. Wir dachten schon, wir würden von einer internationalen Finanzpolizei verhaftet. Aber die haben schnell eingesehen, dass wir nicht genug Geld hatten, um aus dem Aktienkurs irgendein Kapital zu schlagen.
Andy: Wir hoffen immer, dass wir einmal verklagt werden. Aber das hat bis jetzt noch nicht geklappt. Die Unternehmen haben leider begriffen, dass wir dann genau die Aufmerksamkeit bekämen, die wir wollen. Als wir über den „Prank“ nachdachten, haben wir eher überlegt, ob wir den Opfern von Bophal damit zusätzliches Leid zufügen.

Wie haben die Überlebenden des Chemieunfalls denn auf die Falschmeldung reagiert?
Mike:
Sehr positiv! Die Überlebenden der Katastrophe waren froh, dass wir das gemacht hatten. Denn sie sind nicht nur Opfer sondern auch Aktivisten, die bereits seit 20 Jahren versuchen, Dow für den Unfall zur Verantwortung zu ziehen. Die wollen öffentlich machen, dass Dow den Dreck immer noch nicht weggemacht hat und das Wasser dort immer noch vergiftet ist.
Andy: Manchmal geben wir den Journalisten nur einen Anlass, über die Dinge zu schreiben. Vor dem BBC-Interview gab es in den USA kaum Berichte über den Jahrestag der Katastrophe. Nachdem wir die Ente in die Welt gesetzt hatten, haben alle darüber berichtet. Das ist eine Art Arbeitsteilung: Wir übernehmen die PR und die Aktivisten machen die kontinuierliche Arbeit.

Seht Ihr Euch als Teil einer Bewegung von Prankstern, politischen Scherzbolden?
Mike:
Auf jeden Fall. Schon bei den Griechen haben die Menschen ihre Kreativität verwendet, um die Verhältnisse in der Politik anzuprangern – beispielsweise Aristophanes. Auch heute gibt es eine Menge Leute, die ähnliche Methoden nutzen wie wir. Zum Beispiel der „Pink Block“ der Globalisierungsbewegung oder die Rebel Clown Army. Inspiriert haben uns auch Gruppen wie „Act Up“, die in den 80er Jahren in New York gegen die Aids-Politik protestierten, oder die Yippies und die Situationisten.
Andy: Vor kurzem hat ein anderer „Prankster“ verhindert, dass die Bush-Regierung öffentliches Land an die Ölindustrie versteigert. Er hat sich auf die Auktion geschlichen und einfach angefangen mitzubieten. Anfangs hat er nur den Preis hochgetrieben, aber schließlich hat er das gesamte Land ersteigert. Als sie es dann gemerkt haben, wurde die Auktion abgebrochen.

Auf der nächsten Seite: Warum Menschen Autoritäten glauben und deshalb nicht merken, wenn sie zum Narren gehalten werden.


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